Über den Teich geschaut – wie dampft es sich in den USA?

Bereits im grenznahen Ausland zu uns ist das Dampfen wesentlich integrierter in die Gesellschaft. Schlendert man in bella italia oder jolie france und sogar im denkwürdigen Deutschland über die Strassen, so überrascht einen der Anblick einer e-Zigarette längst nicht mehr. Das Dampfen gehört dort zum alltäglichen Strassenbild und fast schon genieren sich die Raucher in der Öffentlichkeit viel mehr.

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, ans Mekka des Dampfens zu reisen und mich dort umzusehen. In Kalifornien werden ja immer wieder neue Trends geboren, wie z.B. das Skaten und Surfen oder aber auch der Konsum einiger doch eher zwielichtiger Stoffe (aber das ist meine Meinung) – so nun also auch das Dampfen. Nach einiger Zeit findet der neue Lifestyle seinen Weg in viele andere Länder, wenn auch stets mit Verzögerung.

Während also der Schweizer Markt sich mit dem Dampfen und der E-Zigarette grundsätzlich noch etwas schwer tut, sieht es in den USA ganz anders aus:

Shops in den USA

Dampfshops, die sich auf den Verkauf der Produkte rund ums elektronische „Rauchen“ spezialisiert haben, gibt es an jeder Ecke. Die Shops sind mehrheitlich als gemütliche Lounges eingerichtet, in denen man sich trifft und diskutiert, TV sieht und etwas trinkt – und dabei natürlich stets auch dampft. Die angebotenen Produkte unterscheiden sich je nach Shop in der Qualität: da gibt es Shops, die ausschliesslich eigene Liquids in kleinen Fläschchen verkaufen. Andere ergänzen das Angebot mit zahlreichen Klonen (Kopien) bekannter E-Zigaretten-Produkte. Wieder andere verkaufen einzig exklusive Hardware und exquisite Markenliquids. Nochmals andere prüfen bereits im Eingangsbereich das Alter der Besucher und weisen sie einem persönlichen Berater zu.

Allen Shops gemein sind zwei Dinge: die Verkäufer selbst sind jeweils passionierte Dampfer und sie verkaufen keine Aromen und Basen, denn in den USA mischt niemand seine Liquids selbst. Vielleicht ist das auch gut so, denn so weiss der Dampfer dank FDA-Prüfungen auch dass er nichts Falsches dampft (hierzulande tauchen ja immer mal wieder eigenartige Flüssigkeiten fraglicher Herkunft und ohne Prüfung auf).

Und während der Schweizer Kunde ab und zu mal unter Zeitdruck auftaucht und nur kurz irgendwas einkauft, lässt sich der Amerikaner meist viel Zeit und geniesst das Schwätzchen, das stets gehalten wird. Dabei tauscht man sich aus, teilt Wissen und erfährt Neuigkeiten. Sie lesen es schon, die amerikanischen Dampfer sind da sehr sozial.

Und auch die Ladeninhaber sind meist gut drauf. Stressigen Konkurrenzkampf kennt man dort nicht so sehr, denn man ist der Meinung, dass es genug Kunden für alle gibt. Und das ist auch so!

Der Anteil Dampfer in der Bevölkerung steigt in den USA weiterhin massiv, wobei dank Jugendschutz in erster Linie Raucher, die aufhören möchten, angesprochen werden. Die Diskussionen um die Verlockung Jugendlicher zum Start einer Sucht laufen in den USA nicht halb so heiss wie bei uns.

In Kalifornien wird überall gedampft: am Strand, in den Städten, im Auto, unterwegs, zuhause – und nie wird man schief angeschaut. Beschwerden über den „ekligen Rauch“ wie sie in der Schweiz aus Unwissenheit doch ab und zu auftauchen, gibt es dort nicht. Und es wird nicht nur überall gedampft, sondern auch von jedermann: egal ob alt oder jung, reich oder arm, Mann oder Frau… den typischen Dampfer gibt es nicht wirklich.

Vielen Dampfern ist auch noch gemein, dass sie ein Tattoo tragen. Aber hey, das ist eben auch so ein Trend und dieser ist ja auch bereits bei uns angekommen.

Der typische Dampfer

Müsste ich heute den „typischen“ amerikanischen Dampfer beschreiben, so täte ich das am ehesten wie folgt:
ein gemütlicher, leicht übergewichtiger Genussmensch, männlich und um die 40 Jahre alt, trinkt gerne sein Feierabendbier und lässt sich eher nicht stressen, mag es gesellig und ist gerne unterwegs, um Freunde zu treffen. Er leistet sich ein gutes Gerät und auch immer wieder exklusive Liquids, wobei er stets einen Liebling hat, den er beinahe Tag und Nacht dampft.

Und der „typische“ Schweizer?
Ein Mittdreissiger und Trendsetter der aufhört zu rauchen oder das Rauchen mit Dampfen ergänzt, manchmal entspannt und manchmal gestresst unterwegs, meist unter zeitlichem Druck und nicht wirklich interessiert an Gruppenkontakten zum Austausch, ein klein wenig besserwissend und deshalb auch oft selber mischend (es kocht ja auch niemand so gut wie er… und dennoch geht er manchmal auswärts essen) aber durchaus auch ab und zu in Kauflaune für ein Markenliquid.

Shops in der Schweiz

Hier kommt die gute Nachricht: es gibt auch in der Schweiz zunehmend gut informierte, offene und gesprächige Dampfer, die sich gerne treffen. Leider ist der Platz in den Shops in der Schweiz aber nicht im gleichen Lounge-Stil gegeben, denn – wen wundert’s – bei uns kosten die Mieten so viel mehr, dass das oft nicht drin liegt. Aber auch Schweizer Shops bemühen sich, in ihren Läden eine gute Atmosphäre zu schaffen und den Austausch dann an mitorganisierten Dampfertreffs in gemütlicher Runde zu fördern. Das Angebot der Schweizer Läden ist im Moment noch vom Staat eingeschränkt, denn der Verkauf nikotinhaltiger Liquids ist (noch) untersagt. Bereits trauen sich aber ein paar Mutige, diese eben dennoch zu verkaufen, vor allem im Hinblick auf den staatlichen Wunsch, Rauchern das Dampfen näher zu bringen, da es immerhin etwas besser als das Rauchen ist. Noch können nicht alle Dampfershops da mitziehen, denn das Risiko einer Busse ist für die meist noch kleinen Läden zu gross und viele können und wollen dies nicht eingehen.

Auch in den Schweizer Shops trifft man gut informiertes Personal, das gerne hilft und sich ehrlich über Interesse freut. Der Konkurrenzkampf brennt hier nicht, aber ein klein wenig schaut man schon über den Rand des Tellers um zu sehen, was denn der andere so tut. Die Schweizer Analyse greift halt auch hier ein wenig und auch wenn wir auf gutem Weg sind, das so lässige Naturell der Amis haben wir eben doch noch nicht erreicht.

Und was tut sich auf den Märkten?

In den USA kommen täglich neue Liquids und neue Produkte auf den Markt, der stets in grosser Bewegung ist. Die Zahl der Dampfer steigt stetig und das Dampfen gehört zum Alltag. Besonders die Kalifornier konzentrieren sich bereits wieder auf neue Varianten des Dampfens, die oft ein wenig einhergehen mit dem Konsum anderer grüner Stoffe ;-).

In der Schweiz läuft das viel gemächlicher. Dank staatlicher Bremse wechseln nicht so viele Raucher zum Dampfen und der Markt wächst deshalb nur sehr langsam. Produkteentwicklungen kommen mit wenigen Ausnahmen nicht aus der Schweiz und Schweizer Händler brauchen stets ein Weilchen, um Neuheiten aus fernen Ländern zu entdecken und zu importieren. Schweizer Konsumenten stören sich immer mal wieder am Preisniveau (in den USA bekomme ich das doch 30% günstiger…) und vergessen, dass die Händler hier hohe Importkosten, teure Mieten und höhere Löhne zahlen müssen, die den Aufschlag – rechnet man mal genau nach – meist mehr als rechtfertigen. Als internetaffine Gesellschaft bestellen viele Schweizer Produkte im Ausland. Diesem Verhalten müssen Schweizer Händler mit guter Beratung und Degustationsmöglichkeiten sowie Zusatzleistungen im Service begegnen.

Die Zukunft…

... sieht trotz allem für alle Dampfermärkte gut aus! Der Hype in den USA läuft ungebremst, zahlreiche europäische Länder ziehen ebenfalls gut nach und selbst in der eher vorsichtigen Schweiz bewegt sich einiges weg vom Rauchen hin zum Dampfen. Und ich bin überzeugt, dass da noch einiges passiert, wenn dann dereinst der Verkauf nikotinhaltiger Liquids auch hier erlaubt sein wird.

 

Dieser Artikel widerspiegelt die persönliche Meinung von Anna Schreiber.

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