Neues Wissen – leider aber nicht wirklich neu

Als Fachhändler interessiert uns dabei natürlich ganz besonders das Thema «Tabak», dem in der Schweiz und auch an vielen anderen Orten die E-Zigaretten der Einfachheit halber ebenfalls zugeordnet werden.

Das sagt Sucht Schweiz zum Tabak bzw. Nikotin

Nikotinabhängigkeit darf nicht wieder zur Norm werden.
Wie war das doch einfach: Zu Zeiten des Marlboro-Mannes war klar, in welcher Form das Nikotin zu konsumieren war. Es folgten aromatisierte und dann Light-Zigaretten. Und heute suggeriert die Werbung, dass es keinen Grund mehr gibt zu rauchen, wo es doch Tabakerhitzer gibt. Die Werbung der Tabakmultis kommt neuerdings daher wie jene für einen Vorsorgeplan.

Nikotinprodukte wie E-Zigaretten mit weniger Risiken als die klassische Zigarette können beim Rauchausstieg nützlich sein.

Suchtfachleute sind sich gleichzeitig einig: Dampfen darf für Jugendliche nicht das neue Rauchen werden. Minderjährige Nichtrauchende sollten gar nicht erst damit anfangen. Sie sind sehr anfällig für eine Nikotinabhängigkeit – was die Hirnentwicklung beeinträchtigt.
Neue Tabakprodukte setzen Kinder früh der Gefahr einer Abhängigkeit aus – mit dem Risiko, dass viele sich später nicht mehr lösen können und damit die Profite der Tabak- und E-Zigarettenindustrie sichern.

«Der beispiellose Erfolg der Juul E-Zigarette in den USA zeigt, wie ein trendig aufgemachtes Produkt, mit modernsten Marketing-Techniken in Verkehr gebracht, gerade junge Menschen zu Konsumierenden macht. Der Staat muss sich die Mittel geben, um neue Produkte besser zu bewerten und ihre Markteinführung zu regeln. Die steigende Vielfalt der Produkte erfordert dringend eine Steuerung», erklärt Grégoire Vittoz, Direktor von Sucht Schweiz. Es braucht eine Instanz, die das Heft in die Hand nimmt – auch mit Blick auf die Generationen von morgen.

Junge Menschen sind eine besonders wichtige Zielgruppe der Anbieter, gilt es doch, neue Konsumentengruppen an ein Produkt heranzuführen und zu binden. Die Allgemeinheit hält indes wenig von der Werbeflut. Zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung sprechen sich für ein generelles Werbeverbot für Tabakprodukte aus (inkl. am Verkaufsort wie Kiosk). Fakt ist: Werbung verharmlost ein Produkt und macht es attraktiver. «Wir wollen keine Werbung für Tabakprodukte und plädieren dafür, die Alkoholwerbung in der heutigen Form grundsätzlich in Frage zu stellen», fasst Grégoire Vittoz, Direktor von Sucht Schweiz, zusammen.

 

Finden wir auch

Wir teilen die Meinung da in verschiedenen Punkten:

  • Nikotinabhängigkeit soll wirklich nicht zur Norm werden
  • E-Zigaretten bergen weniger Risiken als Zigaretten
  • Minderjährige Nichtrauchende sollen gar nicht erst mit E-Zigaretten anfangen, wir finden sogar, dass das auch für ältere Nichtrauchende gilt
  • Statt Werbung würden wir bessere Aufklärung und Beratung begrüssen
  • Der Staat soll seine Verantwortung da durchaus wahrnehmen und dafür sorgen, dass nur qualitativ geprüfte Ware verkauft werden darf

Aber wir wundern uns einfach auch, wenn die Nikotinstärke, die einem Raucher beim Aufhören helfen kann, bei uns nicht zugelassen werden soll.  Weil ein Jugendlicher diese übrigens auch nie nutzen würde, denn wenn er einsteigen möchte mit E-Zigaretten, dann verkraftet er diese Stärke garantiert nicht und findet null Gefallen daran.

Doch genau das ist eine Tatsache: zu viel Nikotingehalt (wer auch immer diese Menge definiert hat …) ist verboten, d. h. Raucher können mit den angebotenen Varianten meistens nicht aufhören, weil der gewohnte Nikotinbedarf nicht gedeckt werden kann. Aber die Jungen, die bekommen überall schicke E-Zigis in allen Farben, Formen und Geschmacksrichtungen. Da stimmt doch irgendetwas nicht.

 

Und auch das schreibt Sucht Schweiz

Bei den E-Zigaretten sind keine Marktzahlen erhältlich. Es ist aber davon auszugehen, dass die Verkaufszahlen nach der faktischen Freigabe des inländischen Verkaufs von nikotinhaltigen E-Liquids durch das Bundesverwaltungsgericht im 2018 gestiegen sind.

Die Freigabe hat auch zum Einstieg von Juul und Japan Tobacco im Schweizer E-Zigarettenmarkt geführt. Die Diskussion um die Juul-Epidemie unter Jugendlichen in den USA hat in der Folge zu einer «Selbstbeschränkung» des Verkaufs von E-Zigaretten an nur über 18-Jährige durch die Vertreiber geführt. Inzwischen scheint die Diskussion um die Krankheits- und Todesfälle nach dem Konsum von E-Zigaretten in den USA den Absatz in der Schweiz gebremst zu haben.
Hinweise deuten darauf hin, dass diese Fälle durch Vitamin E-haltige Liquids aus dem Schwarzmarkt verursacht wurden.

 Aus heutiger Sicht können vor allem rauchlose Tabakprodukte und Nikotinverdampfer weiterhin als wahrscheinlich weniger schädliche Produkte für einen Teil der Rauchenden als Ausstiegshilfen dienen, aber sie dürften nicht durch breite Werbung zusätzlich gefördert werden.

 

Die heutige Sicht

Leider hinkt das Suchtpanorama immer ein wenig hinterher. Die Daten, auf denen die Erkenntnisse hier beruhen, gehen auf 2018 zurück, wenn sie 2020 publiziert werden. Und 2018 waren E-Zigaretten noch weniger Thema bzw. dieser Markt ist so unglaublich schnell in Bewegung, dass ein ganzes Jahr dazwischen unglaublich viele Änderungen mit sich bringt.

Die aktuelle heutige Sicht hat mittlerweile offenbart, dass Juul nicht ganz so «böse» ist, wie man vor ein paar Monaten noch meinen konnte. Und auch andere, vergleichbare Produkte ihre Verantwortung wahrnehmen und sich hohen Qualitätsprüfungen unterziehen.

E-Zigaretten können also als Ausstiegshilfen dienen, sofern sie richtig dosiert genutzt werden.  

 

Aber dann wundern wir uns doch

Denn auch in diesem Bericht werden Statistiken gezeigt, die uns staunen machen:

 

Da E-Zigaretten bisher noch nicht wirklich in unserem Gesetz verankert sind, dürften diese theoretisch sogar an ein Kleinkind verkauft werden. Weil das aber wirklich unsinnig ist und Fachhändler ein grosses Interesse an Beratung und Qualität haben, haben diese freiwillig beschlossen, eine Altersgrenze von 18 Jahren einzuhalten.

Umso erstaunlicher sind die in diesen Statistiken gezeigten Werte, die einen unglaublichen Anstieg der E-Zigaretten-Nutzung bei 15-Jährigen zeigen.

Wir fragen uns nun gerade, ob diese Befragungen aufgrund von Selbstdeklaration nicht ganz einfach verfälscht sind, weil die Teenies, die man gefragt hat und die einfach «cool» wirken wollen, weil sie etwas «verbotenes» tun, vielleicht mit etwas mehr Fantasie geantwortet haben?

Wir können uns schlechthin nicht vorstellen, wie und wo so viele Jugendliche an E-Zigaretten herankommen.

Allerdings ist es so, dass schon seit Hunderten von Jahren das Verbotene grossen Reiz hat und es allen Generationen stets gelungen ist, an die Produkte zu kommen, die eigentlich nicht erlaubt wären, oder nicht?

Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass es immer wieder Fälle gibt, bei denen jemand anderer im Auftrag für einen Minderjährigen einkauft. Und auch die Kunst des Ausweisfälschens ist keine neue. Es gibt immer Wege – aber doch nicht gleich für jeden zweiten 15-jährigen!

Aus unserer Sicht wäre es sehr begrüssenswert, die Alterslimite auf 18 zu setzen und zu prüfen. Und auf Werbung zu verzichten. Wir würden aber noch weiter gehen und  wirklich sinnvolle Produkte zur Raucherentwöhnung zulassen, wobei diese dann nur durch den Fachhandel mit Beratung abgegeben werden dürften.

Solange es Produkte gibt, die weiterhin als «iPhone» des Dampfens auf dem Markt auftreten und diese sogar oftmals kostenlos zum Einstieg abgegeben werden, so lange müssen wir uns nicht wundern, dass der Trend in die falsche Richtung weitergeht.

Uns sind Raucher, die Umsteigen, wesentlich lieber als junge Leute, die nicht rauchen. Und das Potenzial an solchen erwachsenen Rauchern ist mehr als gross genug, da es in den letzten Jahrzehnten ja nicht gelungen ist, den Raucheranteil in unserem Land zu senken.

So wie sich das Ganze aber aus heutiger Sicht präsentiert, wird sich daran nicht so schnell etwas ändern und irgendwie hat man manchmal gar den Eindruck, dass das niemanden wirklich interessiert...

 

 Diverse Textstellen sowie Grafik – Quelle: Schweizer Suchtpanorama 2020, www.suchtschweiz.ch
 Der restliche Text widerspiegelt die persönliche Meinung von Anna Schreiber.

 

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