Backstage@happy-smoke

6.45 Uhr

Das Handy klingelt Sturm und ein asiatischer Lieferant lässt mich ungemütlich in den Tag starten. Er hat eben dieses Wahnsinnsangebot für uns und wollte das sofort mitteilen, ohne daran zu denken, dass es da eine Zeitdifferenz gibt. Nett, dass er an uns denkt. Aber das Wahnsinnsangebot entpuppt sich als Rohrkrepierer, denn erstens ist das 08/15-Ware und zweitens noch nicht einmal wirklich gut, nein danke.

Aber jetzt bin ich wach und kann also genau so gut gleich aufstehen.

Nach einem grossen Kessel Kaffee und einer ausgiebigen Dusche melden sich meine Lebensgeister zurück und ich bin nun bereit, in meinen Arbeitstag einzusteigen. Mal sehen, was mich in meinen Mails so erwartet…

7.45 bis 9.30 Uhr

  • Wie funktioniert die Juul genau, will ein Kunde da wissen. Tja, ich könnte da nun einen Roman schreiben… oder aber dem Kunden empfehlen, im Laden vorbei zu kommen, um sich das genau anzusehen und erklären zu lassen.
  • Dann gibt es da ein Problem mit einem Gerät, das einfach nicht korrekt auflädt – hier gibt es ein paar Tricks, die man als erstes mal ausprobieren kann, also schicke ich dem Kunden dazu ein kleines Erklärvideo.
  • Der nächste möchte gerne etwas bei uns bestellen und schreibt dazu eine Mail. Ich antworte, dass ich leider auf diesem Weg keine Bestellungen entgegennehmen kann und rate, direkt im Onlineshop zu bestellen.
  • Ab welchem Alter wir denn unsere Produkte verkaufen, will der nächste Mailschreiber wissen. Seine Schreibfehler und die Art des Sprachgebrauchs lassen vermuten, dass er weit unter 18 Jahre alt ist – er wird wohl enttäuscht sein, wenn ich ihm nun mitteile, dass wir nur an Erwachsene verkaufen.
  • Ah, schon wieder so eine Anfrage: da will jemand einen eigenen Dampfshop eröffnen (schön!) und er hätte nun gerne die Adressen unserer Lieferanten, damit er diese selbst angehen kann. Wirklich? Genau diese Lieferquellen haben wir uns in den letzten Jahren sorgfältig persönlich auf zahlreichen Reisen aufgebaut und diese sind auch dafür zuständig, dass man bei uns besondere Produkte höchster Qualität bekommt – das ist mit unser Firmenkapital. Und das, sorry, geben wir ganz bestimmt nicht einfach so weiter. Aber wir wünschen dennoch viel Glück beim Start!
  • Nächstes Mail: da hat jemand seine Rechnung verloren, schreibt er. Tatsächlich hat er «Kauf auf Rechnung» in unserem Shop gewählt und deshalb bekommt er die Ware nur mit einem Lieferschein. Die Rechnung wird dann nächsten Monat von unserem Zahlpartner Payserv/Powerpay an ihn geschickt, keine Sorge.
  • Hm, das Päckchen ist noch nicht angekommen? Wir prüfen den Sendungsverlauf und fragen bei DPD. dem Zusteller der Ware, nach. Die Antwort wird wohl später eintreffen und wir informieren den Kunden, das wir auf der Suche sind.
  • Hoppla, ein besorgter Vater meint, wir hätten seinem minderjährigen Sohn eine E-Zigarette verkauft und das sei rechtswidrig. Er droht gleich mit allerlei Konsequenzen. Ich verstehe ihn ja, ich möchte auch nicht, dass zu junge Leute dampfen. Tatsächlich ist es im Moment aber so, dass das Schweizer Recht noch keine Alterseinschränkungen für E-Zigaretten kennt und wir uns als Händler freiwillig einer Altersverifizierung unterstellen. Ich rufe meinen Mitarbeiter an und frage, ob er sich an den Kunden erinnern kann. Und tatsächlich weiss er noch, dass dieser erst gerade da war und dass er dessen Ausweis sehr wohl kontrolliert hatte! Und gemäss diesem war er wohl alt genug… dieses Schlitzohr! Leider gibt es eben immer Wege, Kontrollen zu umgehen – ich gebe erneut die Weisung aus, sehr genau zu kontrollieren und im Zweifelsfall lieber einmal weniger zu bedienen.

Noch ein paar weitere Mails, die abgearbeitet werden müssen, kein Problem. Dann die Kontrolle aller Zahlungseingänge und die entsprechenden Freigaben für den Versand.

Das Telefon klingelt, ein Mitarbeiter meldet sich krank. Ok, subito für Ersatz sorgen und weiter geht’s im Text.

Tageswerk

Ab 10 Uhr stehe ich auch im Laden, bediene und berate und lasse mich auch gerne mal auf ein Schwätzchen mit Kunden ein. Dampfen ist meine Passion und ich freue mich ehrlich, wenn ich Kunden helfen kann von der Zigarette loszukommen. Im eigenen familiären Umfeld konnte ich tolle Erfolge beobachten und weiss deshalb, was es bedeutet, den Wechsel vorzunehmen.

Wir haben mehrheitlich grossartige Kunden, die offen und interessiert sind. Manchmal bringt sogar einer ein Gipfeli für uns mit oder einen Kuchen, das ist super!

Heute aber kommt ein Kunde, den wir gerade erst bedient haben und der eigentlich zufrieden war, wutentbrannt zurück in den Laden: er hat eine Busse bekommen und ist nicht bereit, diese zu bezahlen. Tatsächlich hat er auf den Parkplätzen vor unserem Gebäude parkiert und dabei übersehen, dass auf dem ganzen Platz ein Parkverbot markiert ist. Rund ums Gebäude gibt es ausreichend blaue Parkzonen und direkt vor dem Laden haben wir auch einen eigenen Kundenparkplatz – leider können wir aber keine weiteren zumieten. Denn diese sind bereits vermietet an jemanden, der es sich zum Hobby gemacht hat, Parkbussen zu verteilen. Ein äusserst lukratives Hobby übrigens, denn Fehlparkierer gibt es hier jeden Tag in grosser zahl und jede Busse kostet 80 Franken. Wir ärgern uns gemeinsam mit dem Kunden, wieder einmal, können aber leider auch nicht weiterhelfen.

Zwischen einigen Anrufen höre ich immer wieder gerne mit halbem Ohr zu, wenn unsere Kunden sich miteinander unterhalten. In dieser Branche hilft man sich gegenseitig und berät und diskutiert auch untereinander. Mal setzt man sich dazu in unsere gemütliche Lounge und mal plaudert man einfach auch kurz an der Theke. Spannend ist es auf jeden Fall immer, zu hören, was unsere Kunden so denken.

Am Mittag wird neu Ware angeliefert, die nun ausgepackt und korrekt verstaut werden muss. Parallel dazu packen wir ab 14 Uhr alle offenen Bestellungen ein, denn diese werden leider schon um 15.30 Uhr bei uns abgeholt und müssen vorher bereitstehen. Unsere Lieferdienste können uns leider kein späteres Zeitfenster für die Abholung anbieten und wenn wir die Ware selbst zur Post tragen müssen, verlieren wir dabei sehr viel Zeit. Ausserdem wird sie auch auf der Post nur bis 16 Uhr zum Versand am nächsten Tag angenommen, kommen wir später, dann dauert die Lieferung länger und unsere Kunden sind nicht zufrieden.

Ein Kunde hat gerade versehentlich ein Fläschchen mit Liquid umgeworfen und die Flüssigkeit verbreitet sich gerade in Windeseile über der ganzen Theke, gefährlich nahe am Zahlterminal. Sofortige Reinigung ist nun also angesagt.

Der Tag rauscht nur so an uns vorbei, der Kundenandrang nimmt kein Ende, zum Glück. Wir bedienen effizient und mit Leidenschaft, schliesslich macht uns unser Job Spass und wir möchten, dass unsere Kunden das auch spüren.

Unser Lieferservice meldet nun, dass das gesuchte Päckchen ausgeliefert wurde und schickt uns als Beweis dafür ein Foto, auf dem man klar erkennen kann, dass es im Briefkasten des Empfängers steckt. Dieses leiten wir nun an den Kunden weiter.

Immer wieder klingelt das Telefon; Seit wir die obligatorische Altersverifikation für Produkte des Herstellers Juul eingeführt haben, haben wir immer wieder Kunden am Draht, die ihren Ausweis nicht hinterlegen können. Geduldig erklären wir, wie das genau geht und schon ist das Problem gelöst.

Unser Zweitgeschäft meldet sich, um mitzuteilen, dass dort gerade ein Problem aufgetaucht ist: das ganze EDV-System dort ist ausgefallen! Nachdem wir selbst nicht weiterkommen, kontaktieren wir unseren EDV-support, der sich gleich auf die Suche nach dem Auslöser des Problems macht.

Gleichzeitig meldet sich nun die Firma, die unseren Webshop programmiert und bittet darum, die von uns verschiedenen verlangten Anpassungen zu kontrollieren. Immer wieder entdecken wir neue Wege, dem Kunden den Einkauf zu erleichtern und geben deren Programmierung in Auftrag. Bevor diese Anpassungen dann einfach aufgeschaltet werden, müssen sie sauber getestet werden. damit dann nicht der ganze Shop abstürzt.

In unserem Laden arbeiten wir nun halt ohne Computer, von Hand. Das geht schon auch, ist aber natürlich viel aufwändiger, puh. Immerhin, schon eine Stunde später konnte das Problem gelöst werden – der Neubau, in dem wir eingemietet sind, steckt immer noch in Ausbauarbeiten und da hat wohl jemand versehentlich in eine Leitung gebohrt gehabt. Das Provisorium, das nun errichtet wurde, sorgt dafür, dass wir wieder arbeiten können und dort nun alles nachträglich ins Computersystem einpflegen, das wir vorher von Hand aufgenommen haben.

Ladenschluss

Auch bei uns wird es nun endlich ruhiger, es ist Feierabendzeit. Um viertel nach 7 gehen die letzten Kunden und wir beginnen mit der Reinigung und dem Aufräumen. Als um halb acht dann jemand wie wild an die Scheibe klopft, weil er noch dringend etwas bei uns kaufen will, machen wir halt nochmals auf, sei’s drum. Wir lernen es wohl einfach nie… genau dieser Kunde bleibt nämlich bis nach acht, lässt sich beraten und degustiert alles Mögliche, um dann zu guter Letzt zu erzählen, dass er selbst eigentlich viel bessere Liquids mische als das, was wir hier anbieten. Immerhin kauft er auch etwas – eine Packung Coils für knapp 20 Franken. Tja, auch diese Kunden gibt es halt.

Irgendwann aber geht auch dieser Tag zu Ende und auf meinem Heimweg fällt mir ein, dass ich heute ja noch gar nichts gegessen habe, völlig vergessen vor lauter Beschäftigung. Ich freue mich nun auf einen feinen Znacht in aller Ruhe, der einzig durch ein paar Anrufe unserer amerikanischen Lieferanten, bei denen nun Arbeitszeit ist, unterbrochen wird. Nach dem Essen setze ich mich nochmals an den Computer und prüfe, welche Ware ich nachbestellen muss.

Der Kunde, dem ich heute das Foto als Lieferbeweis seiner Sendung geschickt hatte, meldet, dass er das Päckchen nun doch gefunden habe. Schon erstaunlich, wie viele Pakete erst dann wiederauftauchen, wenn wir einen Beweis für die Lieferung geschickt haben…

Den Tag lasse ich nun ausklingen mit etwas surfen im Internet, um zu erfahren, was sich im Markt so tut und welche neuen Produkte zum Test angefordert werden sollen, damit wir diese dann in unser Testerpanel zur Prüfung geben können.

Eine letzte Nachricht meines Mitarbeiters erreicht mich noch, die Meldung, dass er leider auch morgen noch krank ist. Die Stellvertretung kann leider morgen nicht einspringen, weil das Studium dann ruft. Das bedeutet für uns anderen, dass wir halt etwas mehr arbeiten müssen und darauf hoffen, dass unsere Kunden in einer solchen Ausnahmesituation etwas Geduld haben, wenn’s mal ein wenig länger geht beim Bedienen. Aber – habe ich das bereits erwähnt? – wir haben wirklich tolle Kunden, die viel Verständnis zeigen und es ok finden, wenn wir auch im Zeitdruck einem Kunden etwas genau erklären und auf dessen Fragen eingehen.

Erschöpft und müde beende ich einen weiteren intensiven Arbeitstag und werde mich morgen dem nächsten stellen. Im Wissen, dass ich einen Traumjob habe und nichts anderes lieber täte!

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